AG3 MMK 2016

Aus Mmktagung
Zur Navigation springenZur Suche springen

MMK Home - Die Tagung - Programmablauf - Die AGs - Anmeldungen - Schlussbericht - Ausblick


Technik-Bilder | Metaphern-Migration

Moderation: Gunter Dubrau, Dominique Steppeler, Rolf Todesco


Moderationspapier


Ich sehe die Arbeitsgruppe als eine Art Practise, in welchem es darum geht, die eigene Sprachkompetenz zu pflegen. Vordergründig scheinen Metapher - bewusst oder unbewusst eingesetzt – oft falsche Konnotationen zu erzeugen. Je besser ich Metaphern erkenne und hinterfragen kann, umso klarer wird mein Denken. Das Erkennen von Metaphern kann ich nicht direkt üben. Es ist vielmehr eine Fähigkeit, die ich durch Reflexion weiterentwickeln kann. Indem ich mir das Prinzip hinter Metaphern und wie ich damit umgehe bewusst mache, werde ich aufmerksamer. Die Mitglieder der Arbeitsgruppe befassen sich im Rahmen eines Dialoges mit ihren je eigenen Metaphern und bringen sie in den Dialog, wo sie unter weiteren Gesichtspunkte problematisiert werden.

Ich mache mir so meine Sprache bewusster. Was ich bewusster zur Verfügung habe, kann ich besser anwenden.

- Rolf Todesco



Für mich hat eine Metapher zunächst einen praktischen Aspekt, weil sie mir etwas Neues oder schwer Verständliches näher bringt. In Form von Icons oder Bildern begegnen mir Metaphern beruflich und privat jeden Tag. Sie verbinden das mir Unbekannte, Unverständliche oder Komplexe mit etwas bereits Erlebtem, Bekanntem – etwas Vertrautem. Einige Metaphern haben sich in meiner Gedankenwelt schon von ihrem Ursprung gelöst. Wenn ich einen alten Telefonhörer als Symbol sehe, dann denke ich nicht mehr an das Gerät dem es entlehnt ist.

Dank der vielen Metaphern spare ich mir einige Mühen das Neue oder Unbegreifliche vollends zu verstehen, weil die Metapher für mich eine hinreichende bzw. zufrieden stellende Erklärung darstellt. Ich nehme gewissermaßen eine Abkürzung.

Gerade in der sich rasant verändernden Technikwelt erscheinen mir Metaphern besonders angenehm. Weil ich gar nicht das Wissen und die Zeit habe alle Dinge bis ins Detail zu verstehen.

Ich sehe in der Arbeitsgruppe die Möglichkeit mir meinen eigenen Umgang mit Metaphern bewusst zu machen und an manchen Stellen zu hinterfragen. Wo sind Metaphern problematisch, wo versperren sie mir möglicherweise den Weg?

- Dominique Steppeler



Thesenpapiere

A. Eske und K. Alsleben

Das Thema ´Metaphern-Migration´ in der Arbeitsgruppe 3 in Wien haben A. Eske und K. Alsleben mit vorzubereiten und anzuregen versprochen.

Metaphern-Migration bedeutet im weitesten Sinne: die Metaphern bewegen die Begriffe. Wir Konversationskünstler_innen interessieren uns speziell dafür, auf welche Weise und in welche Richtung Metaphern dann die Menschen bewegen.

Bei unserer MMK-Gruppenkonversation möchten wir darauf bedacht sein, dass Meinungen oder Zweifel Ausdruck suchen und finden können, die gerade nicht vom Paradigma oder fabriziertem Common Sense geprägt sind. Es geht im Konversieren um mutuelles, gesamt-sensorisches Erörtern – (auch ohne eine Zweck-Funktion). Ein historischer Bezug wäre der pariser Salon von Lespinasse und d´Alembert (1774-1778), in dem man in´s Unreine sprach. Als heutige Konversations-Künstler geht es uns auch darum, die Idee Publikum vollständig loszulassen.

Nachfolgend Anregungen zu dem Austausch über Metaphern-Migration:

  • 1. Metaphern:
    Beim Bedeuten des Wortes ´Metaphern´ haben Informatiker Erfahrungen, siehe z.B. den berühmten ´Papierkorb´ auf dem Monitor. Ein anderes Beispiel ist die ´Cloud´.
    Metapher war eines der Stilmittel in der antiken Rhetorik, um Andere zu überzeugen (sie zum Follower zu machen). Das war das Verhalten im Medium Agora und demokratischer Sinn. Metaphern sind Formulierungs- und Ausdruckshilfsmittel für Begriffe. Eine intentionale Unterscheidung kann in unserem Gespräch hilfreich werden:
  • überzeugende Rhetorik
  • überredende Rhetorik
  • Ausgleich der streitenden Seiten

  • Um der heutigen Metapher näher zu kommen, haben wir für Wien auch ein paar Konversationsspiele vorbereitet.
    Der Bedeutungsumfang von ´Metapher´ umfasst Phantasien und Sentiment, Vorstellungen, Wünsche und Erinnerungen – und als Stilmittel gehört die Metapher sowieso in den Bereich der Ästhetik.
  • 2. Migration:
    Für das Wort ´Migration´ sind wir durch die aktuellen Bildmedien quasi Fachleute:
    a) Flüchtlinge vor Gewalt
    b) Wanderungsbewegungen im Zeitgeist
    c) individuelle Migrationen
    oder ähnlich. Es könnten auch eigene Migrations-Erfahrungen bei dem Bedeuten des Wortes helfen)
  • 3. Metaphern-Migration:
    Bei ´Metaphern-Migration´ geht es um das Interpretieren der Verknüpfung beider Worte.
    Die Bedeutungen von Begriffen und Metaphern sind über die Zeiten ständig in Bewegung. Ohne Metaphern hätten wir keine Sprache, denn so viele Wörter für alle Nuancen des Empfindens und für die Neuheiten könnte es gar nicht geben.
    -- Metaphern wandern in andere Inhalte. Das macht sie aus, denken wir.
    -- Menschen wandern Wunsch-Vorstellungen nach, metaphorisch empfundenen, auch gemanagten (vielleicht Völkerwanderungen, Auswanderungen, Kolonialisierungen, Kreuzzüge, Vertreibungen).
    -- Auch Begriffe wandern, im schlechten Fall durch Paradigmen-Poesie, z.B. durch Zuordnung einer vom rechten Weg abbringenden, übervorteilenden Metapher.

Wir freuen uns auf den Metaphern-Migrations-Austausch im November, auf die perspektivwechselnden und grenzerweiternden Erfahrungen bei der MMK und auf unser Wiedersehen in Wien!



Rolf Todesco: "Mit der Metapher begeben wir uns in des Teufels Küche”

Vorbemerkungen

ich schreibe auch ein Thesenpapier, obwohl ich mitmoderiere. Die Moderation hat das Thema noch nicht so recht auf einen Nenner gebracht, was ja auch nicht notwendig ist. Wir können Vielfalt üben und uns dem Thema von verschiedenen Gesichtspunkten annähern (was ja auch der Sinn der Thesenpaiere ist)

Für die MMK-Arbeitsgruppe "Metapher" sind schon mehrere verschiedene Konkretisierung zum Thema im Raum, auf die ich im Folgenden etwas eingehen will. Zunächst aber geht es mir darum, den je eigenen Begriff von Metapher zu erläutern, weil ich das Gefühl habe, dass es dazu ganz verschiedene Vorstellungen gibt. Meiner Erfahrung nach ist es praktisch und sinnvoll, wenn ich mich jeweils auf eine explizite Vorstellung beziehen kann. Die Klärung, was ich als Metapher bezeichne, dient dann auch dazu, welche Probleme ich mit Metaphern verbinde. Wer Metapher anders versteht, mag dann auch andere Probleme sehen.

Ich beginne mit einem alltäglichen Beispiel. Ich kann zu jemandem sagen: "Du bist ein Esel", und wenn er kein Esel ist, versteht er mich. Ich benutze im umgangssprachlichen Sinn eine Metapher, wenn ich von einem Menschen sage, er sei ein Esel, weil der Ausdruck "Esel" Eigenschaften des jeweiligen Menschen unterstellen, die von einem anderen Referenzobjektes des Ausdruckes "übertragen" werden. Metapher steht lax gesprochen für "uneigentliche Wortverwendung". Ein Mensch ist ja - im eigentlichen Sinn des Wortes - kein Esel. Uneigentliche Wortverwendung bedeutet, dass ich ein Wort nicht so verwende, wie ich es eigentlich verwenden sollte. Wobei natürlich unausgesprochen mitschwingt, dass jemand - auch für mich weiss - wie ich das Wort eigentlich verwenden sollte.

Ich gebe ein zweites Beispiel: Ich kann zu jemandem sagen, der auf einer Bank sitzt: "Bring Dein Geld auf die Bank". Und wenn er kein Esel ist, versteht er, dass ich nicht meine, er solle sein Geld auf die Sitzbank legen, auf welcher er gerade sitzt. Bank ist in diesem Fall keine Metapher, sondern ein Homonym. Als Homonym bezeichne ich einen Ausdruck, für den in derselben (Einzel)-Sprache verschiedene Vereinbarungen oder Wortbedeutungen gelten. Der Ausdruck "Bank" steht in diesem Sinn als arbiträr oder zufällig gewählte Buchstabenkette für ein Sitzmöbel und für eine Finanzinstitution. Ich muss in jedem Fall durch den Kontext erkennen, was gerade gemeint ist.

Dass es Homonyme gibt, ist eine eigenartige Sache. Synonyme - also eine Art Inversion zum Homonym, in welcher dasselbe Referenzobjekt durch zwei verschiedene Ausdrücke bezeichnet wird - gibt es nämlich nicht. Darüber will ich hier aber nicht weiter nachdenken, hier interessiert mich die Idee der Metapher.

Als Metapher bezeichne ich ein erkenntnisleitendes Konstrukt, das auf der Grundlage von Homonymen beruht. Wenn ich Homonyme als Metaphern auffasse, postuliere ich eine Übertragung eines Ausdruckes von einem Geber- zu einem Nehmergebiet und frage, welche Eigenschaften damit übertragen werden. Homonyme bezeichne ich also genau dann als Metaphern, wenn die doppelte Verwendung des Ausdruckes etwas über eine Beziehung zwischen den Referenzobjekten des Ausdruckes aussagen soll. "Bank" könnte zufällig für "Geldinstitut" und für "Sitzgelegenheit" stehen, dann würde ich von einem Homonym sprechen. Es könnte aber auch sein, dass ich zwischen den beiden Referenzobjekten irgendeine Verwandtschaft erkenne, dann würde ich von einer Metapher sprechen, und untersuchen, worin die Verwandtschaft besteht. Es gibt auch viele Vorschläge dazu, inwiefern Finanzinstitute und Sitzbänke verwandt sind, die mir bekannten leuchten mir einfach nicht ein.

Unter dem Gesichtspunkt einer uneigentlichen Wortverwendung kann ich mich fragen, welche Wortverwendung die eigentlich und welche metaphorisch ist. Häufigkeitserwägungen helfen dabei keineswegs immer. Im städtischen Kontext etwa wird das Wort "Esel" sehr viel öfter für Menschen als für pferdeartige Tiere verwendet. Ich bezeichne - was auch nur eine Möglichkeit darstellt - diejenige Wortverwendung zu welcher ich eine Definition habe, als eigentlich. Habe ich verschiedene Definitionen, sehe ich den Ausdruck als Homonym.

Auch dazu ein Beispiel. Ein Teil des Computers wird oft als (Daten)speicher bezeichnet. Der Ausdruck Speicher wird aber auch für Kornspeicher verwendet. Wenn ich darin eine Metapher sehe, frage ich mich, was woher wohin übertragen wurde. Dass es Kornspeicher schon länger gibt als Computer, lasse ich dabei ausser Acht. Ich frage mich vielmehr, was ich als Speichern bezeichne. Englisch wird der Ausdruck Memory verwendet. "Gedächtnis" kann ichdeshalb auch als Metapher sehen. Ich kann so erkennen, dass verschiedene Differenzen ins Spiel gebracht werden (können).

Das Konstrukt der Metapher ist für mich also zunächst eine Art Denkform, die mir hilft Zusammenhänge zu sehen. Zum Problem wird diese Denkform, wenn ich sie nicht bewusst reflektiere, weil sie dann dazu führt, dass ich die implizierten Verwandtschaften als gegeben und nicht als von mir projiziert wahrnehme. Dialektisch wird die Denkform, wenn sie unbedacht auf eine andere stösst.

Als Problem erscheint mir die Metapher, wenn durch sie Zusammenhänge oder Verhältnisse postuliert werden, die ich nicht teile oder gar ablehne, weil ich darin quasi Denkfehler erkenne. Das passiert mir natürlich nie bei Metaphern, die ich selbst verwende.

Bereits angedachte Bereiche

Die nur kurz angedachten Bereiche bei der Wahl des Themas beinhalten alle die Vorstellung, wonach Metaphern zu einem falschen Bewusstsein führen, was beabsichtigt oder naturwüchsig passieren kann. Sie sind hier vorerst nur als unsystematische Ideen aufgeführt und sollen im Laufe des Jahres verdichtet und selektiviert werden. So können wir das Thema eingrenzen oder ausweiten.

  • Gender

    Ein bestimmter Bereich der Metaphorik überträgt beispielsweise ökonomische Kategorien in die zwischenmenschlichen Beziehungen.

    Bestimmte Haushaltsgeräte erscheinen als Technik und andere, die von Frauen verwendet werden, nicht. Frauen distanzieren sich von Technik ...

    Dazu ein Zitat:
    "Ich war auf einer Veranstaltung, da sprach der CDU-Integretationsbeauftragte wiederholt davon, so und so viele Flüchtlinge bis da und dahin “abarbeiten” zu müssen. Ein vergleichsweise harmloses Beispiel für einen technischen Diskurs über die Verwaltung von Menschen, dessen eisige Kälte jedoch ahnen lässt: nur ein paar Umdrehungen weiter, nur noch ein paar Attentate oder “Jahrhundertherausforderungen”, dann kannst Du auch den meisten unserer heutigen Bürokraten befehlen was Du willst, sie werden es sachlich und nüchtern – exekutieren."

  • Theorie-Migration

    Es gibt ganze Theorien, die auf einer Metaphorik beruhen. ANT beispielsweise beruht auf einer Netzwerk-Metaphorik, in welcher Agenten sowohl Menschen als auch Maschine oder allerlei Hybride vorkommen.

  • Lernende, denkende, sprechende Maschinen

    https://www.youtube.com/watch?v=0tu4H1g3CtE Simple Natural Language Interaction with Consequence Reasoning

  • weitere Vorschläge sind sehr willkommen



Gunter Dubrau: "Metapher haben nicht nur zwei Seiten, auch wenn oft schon die zweite, dunkle Seite der Ma.. Metapher vergessen wird”

Motivation
  • Vor- und Nachteile der derzeit verwendeten Metapher einer Patientenakte im PEP-Projekt
  • Andere Technik als Erweiterung des vorhandenen Ansatzes
  • Metapher-Migration als Weg zu neuen Denkansätzen in der Interaktionsgestaltung des PEP
  • Metaphern-Einsatz im Entwicklungsprozess
  • Metaphern-Migration als Bestandteil der Behaviour-driven QA



Zusätzliches Thesenpapier vom 23. Okt. 2016. von K. Alsleben

1_Die Metapher kenne ich aus der Rhetorik und dem Imaginären stammend. So erklärt sich meine geläufige Zuordnung von ihr zur Ästhetik. Weshalb ist mir das wichtig? Ich meine zum Eingedenken jahrzehntelanger freundlicher Treffen zwischen Informatik und Ästhetik in der MMK. Die erste Einladung erhielt ich von Frieder Nake in den 80er Jahren.

2_In der Praxis erkenne ich eine Metapher als eine poetisch verschlüsselnde, unerwartete und heitere Erscheinungsform einer Aussage. Je nach dem, wie ich aus den Thesenpapieren der AG 3 unserer MMK 2016 lese, kann solche Form eher freundlich, hilfreich oder übervorteilend feindlich sein.

3_Beim Recherchieren im Internet begegnet mir der Gedanke, dass die Metapher als Gleichnis verstanden, doch kein unmittelbares An-die-Stelle-setzen ermöglicht, weil ihr eine Gegenstandsbedeutung fehlt. Sie ist imaginär.


Aus der Praxis erfahrene Empfehlungen (A B C) zu deliberierendem Austauschen und Medienwechseln.

A_ Antwortnot, Besserwisserei. Wenn jemand gar nicht im Zweifel ist, hat er Austausch nicht nötig.
B_ Kurzbeiträge, sowie Perspektiv- und Medienwechsel in offiziösen Kleingruppen machen Austausch aus.
C_ Es soll nichts effektiv produziert werden - aber ein Anfang und Ende u.s.w. je gemeinschaftlich organisiert werden.





Protokoll der AG: